
Phubbing ist ein Begriff, der sich aus den englischen Wörtern „phone“ (Telefon) und „snubbing“ (Brüksieren, vor den Kopf stoßen) zusammensetzt. Er beschreibt das Verhalten, wenn Menschen in sozialen Situationen ihrem Smartphone mehr Aufmerksamkeit schenken als den anwesenden Personen. Dies geschieht so häufig, dass es inzwischen als soziales Phänomen erforscht wird. Wir alle haben es entweder selbst getan oder erlebt: Man sitzt mit Freunden oder Familie zusammen, doch ein Blick auf das Smartphone ist scheinbar wichtiger als das Gespräch.
In Zeiten permanenter digitaler Erreichbarkeit wird Phubbing zur Herausforderung für zwischenmenschliche Beziehungen. Die Folgen sind weitreichend: Es kann Partnerschaften belasten, Freundschaften schwächen und Familienbindungen lockern. Doch warum verhalten wir uns so? Welche psychischen und sozialen Konsequenzen hat Phubbing? Und wie können wir diesem Verhalten entgegenwirken?
Ursachen des Phubbings
Phubbing ist nicht einfach nur eine schlechte Angewohnheit, sondern hat tiefergehende Ursachen. Eine der Hauptursachen ist der Drang, keine Informationen zu verpassen – auch bekannt als „Fear of Missing Out“ (FoMO). Soziale Medien, Nachrichten-Apps und Messenger-Dienste sorgen für eine ständige Informationsflut. Viele Menschen haben das Gefühl, sofort reagieren zu müssen oder beunruhigt zu sein, wenn sie nicht direkt auf eine Nachricht antworten.
Ein weiterer Faktor ist die zunehmende Abhängigkeit von digitalen Medien. Studien zeigen, dass Smartphones und soziale Medien bewusst so gestaltet sind, dass sie unser Belohnungssystem aktivieren. Likes, Kommentare und neue Nachrichten setzen Dopamin frei – das Glückshormon, das uns motiviert, unser Gerät immer wieder in die Hand zu nehmen. Dadurch kann ein regelrechter Zwang entstehen, das Handy permanent zu nutzen.
Ein spezielles Phänomen ist die sogenannte „Nomophobie“ – die Angst, ohne Smartphone unerreichbar zu sein. Diese Angst kann dazu führen, dass Menschen reflexartig zum Handy greifen, selbst wenn sie sich gerade in einer wichtigen sozialen Interaktion befinden.
Auswirkungen auf zwischenmenschliche Beziehungen
Phubbing hat tiefgreifende Auswirkungen auf verschiedene soziale Beziehungen. Besonders betroffen sind Partnerschaften, Freundschaften und Familienverhältnisse.
Phubbing in Partnerschaften
In einer Partnerschaft kann Phubbing zu einem ernsthaften Problem werden. Studien haben gezeigt, dass Menschen, die sich von ihrem Partner durch Smartphone-Nutzung vernachlässigt fühlen, eine geringere Beziehungszufriedenheit empfinden. Gespräche können oberflächlicher werden, gemeinsame Momente verlieren an Wert, und die emotionale Intimität nimmt ab. Dies kann zu Missverständnissen, Streitigkeiten und sogar zum Auseinanderbrechen der Beziehung führen.
Ein weiteres Problem ist die Eifersucht: Wenn einer der Partner ständig auf das Handy schaut, kann dies den Eindruck erwecken, dass er oder sie mehr Interesse an digitalen Kontakten als an der realen Beziehung hat. Dies kann Unsicherheit und Misstrauen erzeugen.
Phubbing in der Familie
Nicht nur Partnerschaften leiden unter Phubbing – auch innerhalb der Familie kann es zu Spannungen führen. Eltern, die häufig am Smartphone sind, vermitteln ihren Kindern unbewusst, dass das Handy wichtiger ist als das gemeinsame Gespräch. Dies kann dazu führen, dass sich Kinder nicht gehört oder vernachlässigt fühlen. Auf der anderen Seite vernachlässigen auch viele Kinder und Jugendliche durch exzessive Smartphone-Nutzung den Kontakt zu ihren Eltern.
Laut einer Studie der DAK erklärten mehr als ein Drittel der befragten Kinder und ein Drittel der Erwachsenen, dass sie sich durch Phubbing ignoriert fühlen. Solche Situationen können langfristig zu Kommunikationsproblemen und einem geschwächten familiären Zusammenhalt führen.
Phubbing unter Freunden
Auch Freundschaften können unter Phubbing leiden. Wenn eine Person immer wieder auf ihr Handy schaut, während ein Freund oder eine Freundin spricht, kann dies als Geringschätzung empfunden werden. Das Gefühl, nicht wichtig genug zu sein, kann dazu führen, dass Freundschaften an Qualität verlieren oder gar zerbrechen.
Psychische und soziale Konsequenzen
Phubbing ist nicht nur ein Beziehungsproblem, sondern kann auch ernsthafte psychische Folgen haben. Wer ständig von seinem sozialen Umfeld ignoriert wird, kann sich einsam und isoliert fühlen. Studien zeigen, dass Phubbing mit einem erhöhten Risiko für Depressionen und Angstzustände in Verbindung gebracht wird.
Gleichzeitig kann das eigene Phubbing-Verhalten auch zu Stress führen. Menschen, die ihr Handy zu oft nutzen, erleben häufig Schuldgefühle, wenn sie merken, dass sie anderen gegenüber unaufmerksam sind. Dies kann zu inneren Konflikten führen und das soziale Wohlbefinden negativ beeinflussen.
Studien und Forschungsergebnisse
Verschiedene wissenschaftliche Studien haben die Auswirkungen von Phubbing untersucht. Eine Untersuchung der Baylor University zeigte, dass fast die Hälfte der Befragten sich durch ihren Partner aufgrund von Smartphone-Nutzung vernachlässigt fühlte. Eine andere Studie der Universität Basel stellte fest, dass selbst in wertgeschätzten sozialen Interaktionen oft zum Smartphone gegriffen wird.
Die DAK-Studie zur Mediennutzung ergab, dass insbesondere Jugendliche von exzessiver Smartphone-Nutzung betroffen sind. 25 % der 10- bis 17-Jährigen zeigen eine riskante Nutzung sozialer Medien, 6 % der Jungen und 3 % der Mädchen gelten als süchtig. Diese Zahlen verdeutlichen, dass Phubbing ein weit verbreitetes Problem ist, das nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen, sondern auch die psychische Gesundheit beeinflusst.
Präventions- und Lösungsansätze
Um Phubbing zu vermeiden, ist es wichtig, sich des eigenen Nutzungsverhaltens bewusst zu werden. Eine gute Strategie ist die bewusste Reduzierung der Bildschirmzeit. Hier einige Ansätze:
- Handyfreie Zonen schaffen: Beispielsweise beim Essen oder in Gesprächen das Smartphone bewusst weglegen.
- Digitale Achtsamkeit fördern: Bewusst entscheiden, wann das Handy genutzt wird und wann nicht.
- Kommunikation fördern: Offene Gespräche mit Partnern, Freunden oder Familie darüber führen, wie man mit Smartphone-Nutzung umgehen möchte.
- Apps zur Bildschirmzeitkontrolle nutzen: Viele Smartphones bieten inzwischen Funktionen zur Selbstkontrolle.
Achtsamer Umgang
Phubbing ist ein weit verbreitetes Phänomen, das Beziehungen, Freundschaften und Familienleben beeinträchtigen kann. Die zunehmende Digitalisierung unserer Welt führt dazu, dass Smartphones immer präsenter sind – doch es liegt in unserer Verantwortung, bewusster mit ihnen umzugehen. Indem wir achtsam mit unserer Bildschirmzeit umgehen und den zwischenmenschlichen Kontakt wieder in den Fokus rücken, können wir die Qualität unserer Beziehungen verbessern und Phubbing entgegenwirken.